Geschichten aus Mali

Joana Breidenbach
07.03.2008

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Einer der Köpfe hinter der Mali Initiative, Jürgen Nagler, hat auf seinem blog Business4Good einen interessanten Beitrag über seine Erfahrungen mit der Hilfsindustrie in Mali zusammengefasst. Letzten Monat hatten wir das Glück die Pilotschule der Initiative in Bamako zu besuchen und freuen uns auf betterplace ihre Arbeit unterstützen zu können. Jürgens Erfahrungen im viertärmsten Land der Welt spiegeln William Easterlys Thesen über Sinn und Unsinn der westlichen Hilfsindustrie wieder.

Da ist ein Schildbürger-Projekt der Weltbank, welches Wasser aus Kalabancoro (dem Vorort von Bamako, in dem die erste Schule der Mali Initiative errichtet wurde) in die zentraler gelegenen Stadtviertel der Hauptstadt pumpt – zugleich aber die Wasserreserven der Bewohner des ärmeren Kalabancoro aufbraucht, die nun ihr Wasser mit Containern aus einem weiter entfernten Brunnen holen müssen.

Nagler berichtet von Hilfsgeldern, die von großen westlichen Organisationen an große Regierungen verteilt werden, um dann im Bermuda-Dreieck zwischen Ministern, Regionen und Kommunen zu verschwinden und niemals zu den eigentlichen Empfängern der Hilfe – den Armen – vordringen. Korruption ist allgegenwärtig. Auch wir begegneten ihr auf unserer Reise durchs Land allerorts: routinemäßig machten Taxifahrer bei Polizisten oder an Straßenkontrollen Halt und konnten erst weiterfahren, wenn sie den bewaffneten Ordnungshütern ein paar schmutzige Geldlappen in die Hände gedrückt hatten.

Im Dossier der ZEIT – Die Demokratie der Armen - sagt der Dorfälteste zu dem Journalisten

»Wenn es nach uns ginge, wir würden diese Beamten totschlagen! Sie leben von unserem Blut! Die ausländischen Helfer sollen uns das Geld direkt geben, nicht der Regierung, nicht den Behörden. Wenn sie es denen geben, können sie es genauso gut lassen. Die Behörden wollen nur sich selbst entwickeln, nicht das Land.«

Hilfe versickert, aber da Geber und Nehmer mit dem etablierten System gut fahren und ihre eigenen Apparate aufrechterhalten können, haben sie wenig Interesse es von Grund auf zu reformieren – wer sägt schon gern am Ast auf dem man sitzt?

Mit Hilfe von manipulierten Statistiken wird Augenwischerei betrieben: in den ländlichen Kommunen, in denen die Mali Initiative die nächsten Schulen plant, berichteten Bürgermeister und Lehrer, 99% aller Grundschüler würden den Aufnahmetest für die Sekundarschule bestehen. Nagler und sein Team waren beeindruckt – bis sie erfuhren, dass gerade mal 5% dieser Schüler Französisch sprachen. Da Französisch in den Sekundarschulen aber die Unterrichtssprache ist, hatte es mit den Testergebnissen nicht viel auf sich. Sie waren vielmehr routinemäßig zustande gekommen, um die Statistiken der Geberorganisationen zu befriedigen.